Garry Disher: Stunde der Flut Eindrucksvolles Polizisten-Drama

×

Statusmeldung

Artikel zum Warenkorb hinzugefügt
23. September 2023

Das Jahr 2020 beginnt für den Polizisten Charlie Deravin recht seltsam: Weil er einen Vorgesetzten körperlich angegriffen hat – es ging um eine Ermittlung und unterschiedliche Ansichten dazu –, ist er vom Dienst suspendiert worden. Er hat viel Zeit zum Nachdenken und wühlt in der Vergangenheit. Das alles findet vor dem Hintergrund einer Krise statt, die zu Beginn des Jahres 2020 noch unwirklich erscheint …

So lässt sich der Einstieg in den Roman »Stunde der Flut« zusammenfassen. Garry Disher, einer der weltweit besten Krimi-Autoren, zeigt das ländliche Leben im südlichen Australien, wo sich die Leute in einer Siedlung am Meer gern mit Strandspaziergängen und Surfen beschäftigen. Man kennt sich, man grüßt sich, und Charlie Deravin trifft überall ehemalige Kollegen seines Vaters, der ebenfalls Polizist war.

Buschbrände lodern, was die Menschen ständig besorgt, während sich im Hintergrund die kommende Corona-Pandemie immer deutlicher abzeichnet. Das schildert der Autor glaubhaft und nachvollziehbar; als ich die entsprechenden Szenen las, erinnerte ich mich gut an meinen eigenen Blick auf die ersten Corona-Nachrichten aus China.

In diesem Roman geht es aber auch um alte Geschichten: Deravin wühlt in der Vergangenheit, weil vor zwanzig Jahren seine Mutter spurlos verschwunden ist. Verließ sie seinen Vater, mit dem sie nicht mehr klarkam, oder wurde sie das Opfer eines Gewaltverbrechens? Und wenn sie ermordet wurde – wer war es dann?

Als man die Leichen einer Frau und eines Jungen findet, rollt die Polizei den Fall erneut auf. Und Deravin, der nicht ermitteln darf, muss sich seiner eigenen Vergangenheit stellen. Weil die Polizei seiner Ansicht nach nicht gründlich arbeitet, spricht er mit Menschen, fährt durch die Gegend und tut alles, um seine Kollegen gegen sich aufzubringen.

Garry Disher versteht es wieder einmal hervorragend, in das Innenleben seiner Figuren zu blicken. Seine Hauptfigur hat Schwächen und Stärken, und man versteht jederzeit, was sie motiviert und warum sie was tut. Das Geflecht aus Familie, Freunden und ehemaligen Kollegen wird klar – keine Handlung geschieht im luftleeren Raum.

Dishers Krimis sind Milieustudien: Sie erzählen von Menschen in kritischen Situationen. Er macht die Gegend lebendig, zeigt die alten Häuser und die Straßen voller Schlaglöcher, die Situation am Strand und die endlosen Autofahrten zwischen den Dörfern und kleinen Städten. Auch wenn man sich im südlichen Australien nicht auskennt, fühlt man sich in den erfundenen Gemeinden gleich heimisch und kann sich geistig eine Landkarte erstellen.

Der Fall einer verschwundenen Frau und eines ebenfalls verschwundenen Jungen liegt zwar zwanzig Jahre zurück, beschäftigt die Menschen aber immer noch. Für manche – etwa für die Hauptfigur – ist er wie ein Trauma, das ihn plagt. Das alles zeigt Disher in einem glasklaren Stil, in dem sich saubere Dialoge, knappe Beschreibungen und sehr wenig Action abwechseln. Das ist dicht und spannend erzählt, verzichtet auf effekthascherische Elemente und fesselt über die gesamte Länge des Romans.

 

(Wichtig: Disher schreibt seine Romane gern mit feststehenden Helden und in Fortsetzungen. Dieser Roman hat nichts mit seinen bisherigen Serien zu tun. Man kann ihn also völlig unabhängig lesen. Eine gute Möglichkeit, sich an das Werk des Schriftstellers heranzuwagen!)

Erschienen ist »Stunde der Flut« als Hardcover mit Schutzumschlag im Unionsverlag; das Buch ist 336 Seiten stark und kostet 24,00 Euro. (Das E-Book gibt‘s für 19,99 Euro.) Mithilfe der ISBN 978-3-293-00584-6 kann man den Roman in allen Buchhandlungen bestellen; Versender wie der PERRY RHODAN-OnlineShop liefern ihn ebenfalls aus. Hier geht's zur Leseprobe.

Klaus N. Frick

 

Stunde der Flut
Disher, Garry
Unionsverlag
ISBN/EAN: 9783293005846
24,00 €
(inkl. MwSt.)
Lieferbar innerhalb 24 Stunden
In den Warenkorb